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Anthony Burgess: D. H. Lawrence – Ein Leben in Leidenschaft

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Ich vermute, daß ich nicht der einzige sehr junge Mann gewesen bin, der von ›Lady Chatterley‹ enttäuscht wurde: zu plakativ die Reklame für dieses lange indizierte ›erotische Meisterwerk‹, das erst 1961 ungekürzt erscheinen durfte, im Vergleich zur dort gemachten Beute: meiner mittlerweile verblassten Erinnerung nach gab es dort ein, zwei Stellen, die das Attribut ›erotisch‹ verdienten. Wie viel ergiebiger war dagegen Henry Miller: bei ihm gab es praktisch nur ›Stellen‹, und Paris war auch ein ungleich spannenderer Schauplatz als die englische Provinz.

Wie schön, daß nun dieser Zufallsfund aus dem Antiquariat wieder den Blick auf Lawrence lenkt & die hormongesteuerte Wahrnehmungsstörung eines Siebzehnjährigen in ein anderes Licht rückt. Burgess’ biographischer Essay hält die perfekte Balance zwischen Werk-Analyse und Lebensbildnis; er ist sehr gut geschrieben und übersetzt, und trotz der profunden Gelehrsamkeit des Autors von uneitler Haltung. Integriert in diese Werk- & Lebensbetrachtung ist auch eine kleine Geschichte des englischen Geisteslebens und seiner intellektuellen Zirkel von der Jahrhundertwende bis zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Er macht gleichermaßen Lust, den Portraitierten (neu) zu entdecken, als auch den Autor selbst, dessen ›Clockwork Orange‹ die bisher einzige Lektüre war.

Satz und Druck (Clausen & Bosse) dieses Buches sind leider nicht zu rühmen: etliche orthographische Fehler, fehlende & fehlerhafte Interpunktion, schlechte Trennungen, und der Druck ist ungleichmäßig & ausgefranst.

Schwamm drüber: eine wirklich glücklich machende Lektüre!

[Anthony Burgess: D.H. Lawrence – Ein Leben in Leidenschaft; aus dem Englischen von Stefan Weidle, Kellner, 1990, GEB m. SU, Fadenheftung, 300 Seiten, ISBN: 3927623083]

Don Winslow: Tage der Toten | ****

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Der neue Kriminalroman von Don Winslow nimmt das internationale Drogen – Business in den Blick und erzählt dem Leser eine komplexe und gut komponierte Story, die von Macht, Funktionsweise und den  Konkurrenzkämpfen der nordmexikanischen Drogenkartelle handelt und dem mehr oder minder misslingendem Kampf dagegen: wo so viel Geld verdient wird wie in dieser Schattenwirtschaft, sind zahlreiche korrupte Politiker, Richter und Polizisten daran interessiert, den Beamten der ermittelnden Behörden – DEA, FBI, CIA – ihre Arbeit so schwer wie möglich zu machen. Tage der Toten ist ein sehr gut recherchierter, temporeicher Narco-Thriller mit melodramatischem Ende – empfehlenswert!

Suhrkamp | 2010 | 690 Seiten | Paperback | 9783518462003 | € 14,95

Adrian McKinty: Der sichere Tod | ****

mckinty_sichereNach misslungenen Betrügereien setzt sich der junge Protagonist Michael Forsythe Anfang der 90er-Jahre aus Belfast ab, um als Illegaler in New York sein Glück zu finden. Schnell steigt er in der irischen Gang von Darkey White auf, die in den verwahrlosten Straßenzügen zwischen Harlem und der Bronx von Drogenhandel und Schutzgelderpressung lebt. Als Michael eine Liaison mit Darkeys Freundin beginnt, ist seine Karriere jedoch ziemlich schnell zu Ende, so scheint es zumindest…Adrian McKinty gelingt ein temporeicher Krimi noir mit treffenden Dialogen und einem gekonnt inszenierten Plot. Wir freuen uns jetzt schon auf den zweiten Teil der Dead – Trilogie!

Suhrkamp | 2010 | 464 Seiten | Taschenbuch | ISBN 9783518461594 | € 9,95