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Nicolai Lilin: Sibirische Erziehung | ****

lilin_sibirischeDer erste Roman des in London lebenden russischen Autors ist kein Kriminalroman im engeren Sinn, sondern der autobiographisch-erzählende Bericht des in Transnistrien geborenen und aufgewachsenen Protagonisten, der einem unter Stalin aus Sibirien dorthin deportierten Kriminellenclan, den Urki, angehört. Deren sozialer Ethos unterscheidet sich erheblich von dem der „normalen“ Kriminellen, wobei die Grenzen zwischen Halbwelt, Unterwelt und der halbwegs normalen Klein- und Beschaffungskriminalität im sowjetischen und postsowjetischen Riesenreich durch jahrzehntelange gewaltsame Umsiedlungen und Deportationen mehr als unscharf geworden sind. Nicolai Lilin beschreibt die hilflosen Versuche seines Clans, die Vorstellungen des „ehrenhaften“ Verbrechers aus einer von den Alten glorifizierten Vergangenheit in die neue Zeit zu retten: sein scharfer Blick in die gewalttätigen, verwahrlosten Knäste & Städte des neuen Russland ist beeindruckende Literatur.

Suhrkamp | 2010 | 451 Seiten | Paperback | ISBN 9783518461624 | € 14,90