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Roberto Cotroneo: Die Jahre aus Blei | ****

cotroneo_jahreDer italienische Autor versucht ein schwieriges Thema der jüngsten Geschichte seines Landes literarisch zu verarbeiten. In den 1970er Jahren stand Italien am Rande eines Bürgerkriegs. Mit Terroranschlägen, für die die Linke verantwortlich gemacht werden sollte, versuchten Geheimdienste und klandestine Organisationen wie die Loge P2 und das Nato-Netzwerk Gladio eine Stimmung in der Bevölkerung zu erzeugen, die es der starken Kommunistischen Partei (PCI) unmöglich machen sollte, sich an der Regierung zu beteiligen. Dieses Konzept wurde Strategie der Spannung genannt. Auf der anderen Seite gab es linksradikale terroristische Gruppen wie die Roten Brigaden (BR), die durch politische Attentate das Herz des Staates angreifen wollten.

Die Auseinandersetzungen hatten 1978 ihren Höhepunkt, als die BR den christdemokratischen Politiker Aldo Moro, der sich für eine Versöhnung der beiden politischen Lager einsetzte, entführten und ermordeten. Von Seiten des Staates wurde keine Initiative ergriffen, um den ehemaligen Ministerpräsidenten zu befreien. Daher ranken sich um diese Ereignisse eine Fülle von Verschwörungstheorien. Die Protagonisten des Romans, Giulia und Cristiano, treffen im Jahr 2006 aufeinander. Beide sind ehemalige Aktivisten der BR. Während Giulia mittlerweile zu einer erfolgreichen Fernsehmoderatorin aufgestiegen ist, kommt Christiano mit falschen Papieren aus Argentinien nach Europa. Es sind Dokumente aufgetaucht, die Beweise liefern, wie linke Organisationen sich von Geheimdiensten haben instrumentalisieren lassen. Roberto Cotroneo beschreibt, wie es gewesen sein könnte, und das macht er sehr gut. Ob die Geschichte so oder vielleicht ganz anders war, wissen wir nicht: der Roman ist auf jeden Fall spannend und perfekt konstruiert.

Insel | 2010 | 295 Seiten | Hardcover | 9783458174790 | 19,90 €