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Klaus Bittermann: Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol | ****

 Unter dem genialen Titel Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol beschreibt Klaus Bittermann, der Verleger der Edition Tiamat, in kleinen Episoden Menschen aus dem Teil Berlin -Kreuzbergs, der früher als „SO 36“ bekannt war. Hier war das Zentrum der Hausbesetzer- und Alternativszene, hier lebten und leben immer noch eine Vielzahl von Migranten. Vor dem Mauerfall lag das Viertel am Rand Westberlins, kurz vor dem Niemandsland. Heute ist Kreuzberg eins der zentralen Quartiere der Hauptstadt und damit attraktiv für Leute mit höherem Einkommen. Dadurch wurde ein Prozess der „Gentrifizierung“ in Gang gesetzt: Wohnungen werden luxusmodernisiert, Mieten steigen, alteingesessene Mieter ziehen aus, kleine Geschäfte schließen, dafür machen sich die Läden breit, welche die neuen & coolen Wohlstandsbürger in ihrer knapp bemessenen Freizeit goutieren.
Kreuzberg ist mitten im Wandel, und Klaus Bittermann beobachtet in dieser Übergangszeit die kleinen Leute, die Rentner, Freaks und Alkis immer mit wohlwollender Sympathie, ohne sich anzubiedern. Allein die sehr komische Schilderung der Rituale am 1. Mai lohnt die Lektüre des Buches.

Edition Tiamat | 2011 | 191 Seiten | Paperback | Belletristik | 9783893201594 | 14,00 €

Wiglaf Droste: Im Sparadies der Friseure | ****

droste_sparadiesSchon mal in einem „Sparadies“ – also der regionalen Sparkasse –  gewesen ? Oder in einem Friseur-Geschäft, das „Haarchitektur“ oder „Haarvantgarde“ heißt ? In 43 Kapiteln nimmt Wiglaf Droste den Leser mit auf eine Reise in die Abgründe der Sprachverhunzer und Sinn-Simulanten in Politik, Werbung und Publizistik: von „Adrenalin pur“ bis „Public Viewing“, von „Fairständnis“ bis „Wertigkeit“, von „tausendprozentig“ bis „Weltspartag“ -: Drostes bissige Glossen über die Zumutungen und Zurichtungen öffentlicher Sprache sind – ja, genau: funtastisch…

Edition Tiamat | 2009 | 143 Seiten | Paperback | 9783898201327 | € 12.-