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Peter Linebaugh / Marcus Rediker: Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantiks | *****

linebaugh_hydraDie amerikanischen Historiker Peter Linebaugh und Marcus Rediker beschreiben den Aufstieg des britischen Empire und die Entfaltung des Kapitalismus aus einem radikal anderen Blickwinkel. In der Frühzeit des Kapitalismus, von der Mitte des 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, einer Periode, die Karl Marx als „ursprüngliche Akkumulation des Kapitals“ definierte, wurden die Grundlagen für den Aufstieg Großbritanniens zur führenden, europäischen Macht gelegt. Der Reichtum einer kleinen, besitzenden Klasse entstand durch Ausbeutung, Gewalt, Terror und Sklaverei. In England wurde ein großer Teil der Landbevölkerung durch Einzäunungen von der Allmende, dem bisherigen Gemeineigentum, ausgeschlossen, in Arbeitshäusern versklavt oder zwangsweise zum Militär und zur Marine gepresst. Das britische Empire ließ Irland, Nordamerika und die Karibik kolonisieren. Sklavenschiffe transportierten hunderttausende Afrikaner in die Karibik und die nordamerikanischen Kolonien, die Ureinwohner Amerikas wurden unterworfen. Die vielköpfige Hydra ist die Geschichte der Unterdrückten und Kolonisierten auf beiden Seiten des Atlantiks, die vielfältige Formen des Widerstandes praktizierten, die teilweise miteinander vernetzt waren und in unzähligen Revolten, Aufständen, aber auch als Piraten die Herrschenden in Angst und Schrecken versetzten und diese von eben jener „vielköpfigen Hydra“ fabulieren ließen, der für jeden abgeschlagenen Kopf zwei neue wachsen. Den Autoren ist ein Meisterwerk einer Geschichtsschreibung der sozialen Bewegungen gelungen, das allgemein verständlich und gut lesbar ist.

Assoziation A | 2008 | Paperback | 427 Seiten | ISBN 9783935936651 | € 28,00 |

Witold Bereś/Krzysztof Burnetko: Marek Edelmann erzählt | *****

beres_edelman6Der erst vor wenigen Monaten neunzigjährig verstorbene Marek Edelman war einer der wenigen Überlebenden des Warschauer Ghettos und einer der militärischen Kommandanten der Jüdischen Kampforganisation (ZOB), die maßgeblich am Aufstand im Warschauer Ghetto beteiligt war. Nach der Flucht aus dem Ghetto beteiligte er sich am Partisanenkampf in den Wäldern um Warschau und am Warschauer Aufstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitet Edelman als Kardiologe und wirkt jahrzehntelang als Mitglied der demokratischen Opposition in Polen; 1980 ist er Mitgründer der Solidarnosz, deren links-sozialdemokratischem Flügel er sich Zeit seines Lebens verbunden fühlt.
In einer Mischung aus direkten und indirekten Interviews sowie zahlreichen Zitaten aus  Büchern, Reden und sonstigen Schriften Edelmans und zahlreicher Zeitzeugen kompilieren die polnischen Journalisten Witold Bereś und Krzysztof Burnetko ein vielschichtiges biographisches Portrait dieser beeindruckenden Persönlichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Ereignisse im Ghetto – großartig!

Parthas | 2009 | 687 Seiten | Hardcover | 9783869640129 | € 24.-