Angelika Klüssendorf: Das Mädchen | *****

Das Mädchen von Angelika Klüssendorf hat viele Qualitäten, und die Tatsache, daß dieses Buch für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2011 nominiert war, zeigt, daß deren vielgescholtene Jury durchaus etwas versteht von Literatur – wenn auch die Wahl des Siegers wieder Zweifel daran weckt.

In sparsamer, verdichteter Sprache erzählt die Autorin die Geschichte eines verwahrlosten Mädchens aus Ostdeutschland, deren Kindheit und Jugend geprägt sind von elterlicher Vernachlässigung & Gewalt, von Sadismus, Überforderung und Brutalität. Als in Folge wiederholter Kleinkriminalität die Einweisung in Gefängnis & staatliche Heime auf die häusliche Gewalt folgen, kämpft sich die Protagonistin trotz auch dort herrschender widriger Umstände frei: Das Mädchen erzählt mit Lakonie, Ironie und Sarkasmus wie das gehen könnte – im falschen Leben zwar kein richtiges, aber überhaupt eins haben zu können. Eine starke Empfehlung für Verabscheuer von Betroffenheits-Literatur & Erfahrungsberichten, aber auch für Leser, die Autoren wie Uwe Tellkamp oder Julia Franck und deren Sicht auf Ost-Deutschland und die deutsch-deutschen Befindlichkeiten für überschätzt halten. Tolles Buch!

Kiepenheuer & Witsch | 2011 | Hardcover | 183 Seiten | 9783462042849 | € 18,99

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