Ferdinand von Schirach: Der Fall Collini | ****

Nach zwei großartigen Bänden mit Kurzgeschichten liegt jetzt der erste Roman des Münchener Rechtsanwalts Ferdinand von Schirach vor. Er erzählt die Geschichte des pensionierten italienischen Gastarbeiters Fabrizio Collini, der scheinbar ohne jegliches Motiv einen der mächtigsten deutschen Industriellen in dessen Hotelzimmer erschießt. Caspar Leinen, ein junger Anwalt, übernimmt diesen Mordfall als Pflichtverteidiger. Schnell wird ihm klar, dass der Tote mit dem Allerweltsnamen der Großvater seines besten Freundes war. Dieser freundliche und kluge, ältere Herr war für Leinen so etwas wie ein Ziehvater. Von moralischen Skrupeln geplagt, überlegt er, das Mandat niederzulegen, da der Angeklagte keine Aussagen macht und der Fall ohnehin eindeutig zu sein scheint. Schirach versteht es meisterhaft, in wenigen Sätzen Charakterstudien zu erstellen und der Geschichte eine innere Spannung zu geben, die den Leser gefangen hält. Nebenbei erklärt er uns, wie Rechtsprechung funktioniert und mit welchen Tricks alte Nazi-Seilschaften im Justizapparat der jungen Bundesrepublik eine Bestrafung von Kriegsverbrechern verhinderten.

Piper | 2011 | 195 Seiten | Hardcover | 9783492054751 | 16,99 € |

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